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Welche HOAI- Fassung gilt bei stufenweiser Beauftragung? BGH klärt Streitfrage
Im Ausgangsfall hatte der BGH mit Urteil v. 18.12.2014, Az. VII ZR 350/13 darüber zu entscheiden, ob der Architekt für die nach dem 17.08.2009 durch den Auftraggeber abgerufene 2. Leistungsstufe aus einem bereits früher datierenden Architektenvertrag gleichwohl die HOAI in der Fassung 2009 mit ihren Mindestsätzen seiner Abrechnung zugrunde legen darf.

Diese Frage war zwischen Rechtsprechung und Teilen der Literatur bislang streitig.

Zum einen wurde die Auffassung vertreten, die Übergangsvorschriften in §§ 55, 56 HOAI i. d. F. 2009 stellten darauf ab, zu welchem Zeitpunkt die Leistungen vertraglich vereinbart worden sind und damit auf den Zeitpunkt des Abrufs der Leistungsstufe durch den Auftraggeber.

Die Gegenmeinung stellte auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Ausgangsvertrages ab, der auch für die erst später zu beauftragende Leistungen maßgeblich wäre, wenn mit diesem Vertrag die Leistungen der weiteren Stufen und das hierfür geschuldete Honorar bereits festgelegt wurden.

Der letztgenannten Meinung (vertreten u. a. von Irmler in HOAI- Praktikerkommentar § 55 Rz. 7 ff.) erteilt der BGH eine klare Absage. Hiernach ist allein der Zeitpunkt der Beauftragung der Leistung und nicht der Zeitpunkt einer vorab getroffenen Honorarvereinbarung für später zu beauftragende Leistungen maßgeblich. Dies gilt auch, wenn die Parteien für den Fall der späteren Beauftragung schon konkrete Festlegungen zu den beabsichtigten Leistungen und zu dem hierfür geschuldeten Honorar getroffen haben.
Die Gegenauffassung berücksichtigt nach den instruktiven Urteilsgründen des BGH bereits materielle Grundregeln zum Vertragsabschluss nicht. Der Architekt hat im Rahmen des Ausgangsvertrages bezüglich zukünftiger Leistungsstufen ein bindendes Angebot abgegeben, während sich der Auftraggeber im Rahmen einer bloßen Option die freie Entscheidung über dessen Annahme, sprich die Beauftragung der weiteren Stufe vorbehalten hat. Insofern fehlt es zum Zeitpunkt des Ausgangsvertrages hinsichtlich der weiteren Stufe an der für jeden wirksamen Vertragsschluss notwendigen Angebot und Annahme.

Eine planwidrige Regelungslücke ergibt sich, so der BGH weiter, weder aus der Begründung des Verordnungsgebers noch aus der Systematik, noch aus Sinn und Zweck der HOAI. Vielmehr entspricht es der HOAI als öffentlich- rechtliches zwingendes Preisrecht, wenn der Verordnungsgeber nach Überprüfung der tatsächlichen Verhältnisse zu der Überzeugung gelangt ist, dass die Tafelwerte zur Erreichung dieses Ziels angehoben werden müssen, mit der Folge, dass das neue Preisrecht für alle nach Inkrafttreten während der Neufassung der HOAI geschlossenen Verträge umzusetzen ist.

Fazit:
Behält sich der Auftraggeber optional und freibleibend eine stufenweise zukünftige Beauftragung von Leistungsphasen oder Teilen von Leistungsphasen im Architektenvertrag vor und erfolgte die Anordnung dieser Leistungen durch den AG nach Inkrafttreten der Neufassung der HOAI 2009 am 17.08.2009, kann der Architekt für diese Leistungen die Mindestsätze nach dieser Neufassung im Wege des zwingendes Preisrechts beanspruchen. Hierbei ist ein Gesamtvergleich sämtlicher Honorarparameter anzustellen.
Diese Rechtsprechung dürfte auch bei einem Abruf der Leistungsstufe nach Inkrafttreten der HOAI Fassung 2013 zum 17. Juli 2013 Geltung beanspruchen, da der nahezu wortgleiche Gesetzestext des § 57 HOAI i. d. F 2013 ebenfalls auf den Zeitpunkt der vertraglichen Vereinbarung vor oder nach Inkrafttreten der Neufassung der Verordnung abstellt, soweit die Mindest- und Höchstsätze für Grundleistungen betroffen sind.

Schwerin, den 02.06.2015

Rechtsanwalt Björn Schugardt
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

Brügmann Rechtsanwälte
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